Übern Berg

„Glow-up“ ist ein Slangwort, das eine signifikante Veränderung beschreibt, typischerweise eine Verbesserung.

Das Logo des Filmstudios Paramount hatte zum Einstieg ins Streaming-Geschäft ein Glow-up bekommen, das den Namen verdient. Der Designer Beat Kaspar Baudenbacher kümmerte sich um das Branding-Brush-up des Studios, dessen Geschichte 1912 mit der Geschichte des Kinos begann, mit Megastars wie Mary Pickford, der damaligen Scarlett Johansson und ihrem Ehemann Douglas Fairbanks, dem Robert Downey Jr. der Stummfilmzeit.

Das Team von Beat Baudenbacher hat mit dessen Agentur Loyalkaspar Paramounts ikonischen Berg, die Sterne und den Schriftzug beibehalten, aber die Schräge des Textes und die Schatten auf dem Berg behutsam aneinander angepasst sowie das Blau aufgehellt.

Das neue Logo wirkt dagegen so geschichtslos und uninspiriert wie das „X“, durch das Elon Musk den beliebten Twitter-Vogel ersetzt hat. So kaltschnäuzig wie IKEA die schicke Futura aus Prospekten und von den Preisschildern verbannte und durch Microsofts Verdana ersetzte. Wahrscheinlich passiert das, weil es, wie bei IKEA und X, nur um persönliche Interessen von Menschen geht, die so reich sind, dass sie, um noch reicher zu werden, ohne einen Hehl daraus zu machen, tun und lassen können, was sie wollen. 

Und für ein strategisches Investment braucht man kein Logo; geht es doch nicht um Kunst, sondern um Gewinnmaximierung. Kosten runter, Umsatz rauf. Etatkürzungen, Kündigungen. Qualität oder Tradition braucht man zum reicher werden auch nicht, denn für die IKEA-Kundschaft ist Typografie lediglich ein Haufen Buchstaben.

So fängt auch der neue Paramount-Boss mit den Kürzungen gleich beim Branding an. Er knallt statt des traditionsreichen geschwungenen Schriftzugs den Namen einfach in Skydance-Manier unter die ikonische Bergkuppe, dunkelt das Blau wieder ab und toppt alles mit einem komplett unmotivierten psychedelischen Wellenmuster aus der Grafikkiste der 1990er.

Loyalkaspar betont, es habe mit dem neuen Paramount-Logo nichts zu tun und die Designszene kotzt im Strahl, indes, dem neuen Paramount-Chef ist das ganz unvegan Wurst, denn den Streaming-Abonnenten ist es völlig wumpe, welche Farbe der „Jetzt zahlen“-Knopf hat.

Marina Amaral: Alles so schön bunt hier!

Marina Amaral koloriert Fotos.

Was Marina Amaral macht, ist handwerklich dabei nicht mehr, als versierte Photoshoparbeit: das Säubern von Fotos beispielsweise ist spätestens seit Erfindung des Reparaturpinsels nicht einmal mehr Arbeit: wo man früher zum Überdecken von Bildmängeln für einen „Kopierstempel“ das Motiv noch nach ähnlichen Bereichen absuchen musste, „übermalt“ man heute einen Knick oder Riss und das Programm erledigt den Rest. Ähnlich ist das Kolorieren von Schwarzweissbildern für Photoshop mit seinen unendlichen Ebenen, die man für jede einzelne Farbnuance anlegen kann, nicht wirklich ein Problem, das Kolorieren ein reines Geduldsspiel, eine Art anspruchsvolleres „Malen nach Zahlen“.

Interessant wird die Arbeit von Marina Amaral durch die farbforensische Arbeit: welche Farben hatten beispielsweise Uniformen und Rangabzeichen in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts, welche Farben hatten die Häkelkrawatten Albert Einsteins? Das gibt der Arbeit zusätzliche Wirkung, die dazu beiträgt, dass der Jahrmarkttrick des Farbigen hier noch besser funktioniert: der Mörder Abraham Lincolns hat plötzlich die Autenthiziät eines Jugendlichen der mitten am Tag vollgedrogt aus irgendeinem halblegalen Tanzschuppen gefallen ist.

In fünfzig Jahren wird das alles anders sein. Schluss mit Schwarzweiss, flimmernden Bildern und kratzigen Tonaufnahmen. Nemand wird mehr Menschen persönlich kennen, von denen es nur ein abgewetztes Schwarzweissbild gibt. Alle Toten hinterlassen schon heute komplett digitale, also nicht degenerative Bild- und Tonspuren, voll farbig, mit sattem Ton, in 3D.

Wie wecken wir in fünfzig Jahren die Erinnerung? Wenn wir per Handy-App längst die Avatare der Toten selbstgeschriebene Gedichte aufsagen lassen können?

Welcher Jahrmarkttrick wird uns dann das mulmige Gefühl gegenüber der Vergänglichkeit machen?

The Colour of Time spans more than a hundred years of world history from the reign of Queen Victoria and the US Civil War to the Cuban Missile Crisis and beginning of the Space Age. It charts the rise and fall of empires, the achievements of science, industry and the arts, the tragedies of war and the politics of peace, and the lives of men and women who made history.The book is a collaboration between me and a leading British historian, Dan Jones. 200 stunning images were created for the book, using contemporary photographs as the basis for my full-colour digital renditions. Dan Jones has written a narrative that anchors each image in its context, and weaves them into a vivid account of the world that made the world we live in today.Blog — Marina Amaral